Das Griechische Alphabet
Du kennst es in Form der Kreiszahl Pi aus der Mathematik, aus Redewendungen wie „Alpha und Omega“ und aus dem Griechenlandurlaub. Das griechische Alphabet mag zwar zu den ältesten noch heute gebräuchlichen Schriftsystemen gehören, dennoch hat es selbst in die modernsten Teilgebiete der Naturwissenschaften Einzug gehalten und treibt heute sogar im Weltall sein Unwesen. Wo die Ursprünge von Buchstaben wie Gamma, Phi oder Sigma liegen und wo Du ihnen heute begegnest, das erfährst Du in diesem Artikel.
Aus der Geschichte der griechischen Buchstaben
Vor ca. 3000 Jahren ging das griechische Alphabet aus der phönizischen Schrift hervor. Viele Schriftzeichen der beiden Systeme unterscheiden sich vor allem in der Ausrichtung. Gleichzeitig wurden auch einige der phönizischen Namen in das griechische Alphabet übernommen. So heißen die ersten beiden Buchstaben im phönizischen Alphabet Aleph und Bet, die in der griechischen Variante zu Alpha und Beta wurden. Die phönizische Schrift kannte aber noch keine Vokale. Zeichen, die auf Laute hinwiesen, die es in der griechischen Sprache nicht gibt, wurden einfach für Vokale umfunktioniert. Dies trifft zum Beispiel auf das Epsilon zu.
Anfangs bestand das griechische Alphabet nur aus Großbuchstaben. Die heute weitaus bekannteren Kleinbuchstaben kamen erst vor ca. 1000 Jahren hinzu. Auch über die Ausrichtung der Schrift war man sich zunächst nicht einig. Während die griechische Sprache am Anfang von rechts nach links geschrieben wurde, experimentierte man sogar mit abwechselnder Schreibrichtung in jeder Zeile, bis man zur heute üblichen Richtung von links nach rechts überging.
Heutiger Gebrauch
Bis heute wird die griechische Sprache mit dem griechischen Alphabet niedergeschrieben. Aber das ist nicht die einzige lebende Sprache, die heute noch diese Schriftzeichen verwenden. Einige Minderheitensprachen in Griechenland und in der Türkei bedienen sich derselben Buchstaben.
Auch auf EU-Dokumenten, wie Deinem Reisepass, kannst Du das griechische Alphabet finden.
Gewisse Bezeichnungen müssen hier nämlich in allen Amtssprachen der EU aufgelistet sein. Das schließt neben unserem lateinischen und dem in Bulgarien verwendeten kyrillischen auch das griechische Alphabet mit ein. Diese beiden neueren Schriftsysteme sind übrigens im Laufe der Geschichte aus dem griechischen Alphabet hervorgegangen.
Verwendung in den Naturwissenschaften
Am häufigsten wird Dir das griechische Alphabet in den Naturwissenschaften und der Mathematik begegnen. Schon in der Unterstufe hast Du mit den ersten Buchstaben Bekanntschaft gemacht. Sie werden nämlich verwendet, um Winkel zu bezeichnen. Dadurch erfolgt die Abgrenzung von Punkten (Großbuchstaben) und Strecken bzw. Geraden, die mit Kleinbuchstaben bezeichnet werden. Da mit ihnen die drei Innenwinkel des Dreiecks bezeichnet werden, sind Alpha, Beta und Gamma besonders bekannt.
In der Mathematik der Oberstufe und später in der Ausbildung oder im Studium lernst Du immer mehr griechische Buchstaben kennen. So spielen Delta und Epsilon in der Beweisführung der Differentialrechnung eine große Rolle, mit Pi bezeichnet der Mathematiker die irrationale Kreiszahl, mit My den Erwartungswert einer Zufallsvariable und mit Lambda die Zerfallskonstante bei der Berechnung radioaktiven Zerfalls. Auch berühmte Funktionen, wie die Riemannsche Zetafunktion, wurden nach griechischen Buchstaben benannt. Aus der Oberstufe kennst Du die Wahrscheinlichkeitsfunktion, die mit einem großen Phi angeschrieben wird.
Griechische Großbuchstaben sind in unserem Kulturkreis sonst kaum in Verwendung, einzig das große Omega ist weitgehend bekannt. In der Mathematik begegnen Dir vor allem das große Sigma als Summenzeichen und das große Pi als Produktzeichen.
Auch die Physik, Chemie oder Biologie bedient sich gerne am griechischen Alphabet, um häufig auftretende Phänomene sprachlich abzukürzen oder zur Benennung von Einheiten. So beschreibt Rho beispielsweise die Dichte eines Körpers. Vermutlich ist Dir schon der Mikrometer als der Millionste Teil eines Meters untergekommen. Die Vorsilbe „Mikro-“ wird nämlich mit dem Buchstaben My abgekürzt.
Je nach Reichweite und Intensität teilt der Physiker radioaktive Strahlung in Alpha-, Beta- und Gammastrahlung ein. Die Biologie verwendet griechische Buchstaben gerne bei der Benennung von Viren, Molekülen oder anderen Strukturen, die in Genetik oder Mikrobiologie eine Rolle spielen.
Nicht nur besonders kleine, sondern auch besonders große Objekte tragen das griechische Alphabet im Namen. Denn auch die Astronomie nutzt griechische Buchstaben in der Benennung von Objekten am Nachthimmel. Bestimmt hast Du schon von Alpha Centauri gehört, der dem Sternensystem angehört, das der Erde am nächsten liegt. Traditionell wurde mit Alpha immer der hellste Stern eines Sternbildes benannt, dann Beta, Gamma, usw. Diese Reihenfolge in der Bezeichnung hat heute aber keine große Bedeutung mehr, da die Messinstrumente genauer wurden und sich die Helligkeit eines Sterns im Laufe der Zeit stark verändern kann.
Sonstige Verwendungen in der Sprache
Spricht man vom „Alpha und Omega“ einer Sache, dann meint man deren Anfang und das Ende, da diese Buchstaben auch an erster bzw. letzter Stelle im griechischen Alphabet stehen. Abgekürzt, als das „A und O“ meint man meistens die wichtigsten Bausteine bzw. die Kernaussage einer Idee.
Wie in der Astronomie verwendet die Sprache auch in anderen Bereichen griechische Buchstaben, um einer Reihung von Objekten, Individuen oder Versionen Namen zu geben. Denk nur an das Alphatier in einem Wolfsrudel, an Alpha- und Betaversionen eines Computerspiels oder an Betaleser, die einen Text vor der Veröffentlichung Probe lesen. Auch Unternehmen unterschiedlicher Branchen nutzen gerne griechische Buchstaben, um Versionen ihrer Modelle oder Serien zu benennen. Und vielleicht hast Du schon von amerikanischen Studentenverbindungen gehört, deren Namen meist aus drei Buchstaben des griechischen Alphabets bestehen.
Nicht zuletzt bildet sich das Wort „Alphabet“ selber aus den beiden ersten griechischen Buchstaben Alpha und Beta.
Tipps zum Lernen
Wenn Du nicht gerade Griechisch lernst, ist es gar nicht notwendig, wirklich alle griechischen Buchstaben oder gar deren Reihenfolge im Alphabet zu kennen. In Mathematik, Naturwissenschaften oder Technik ist es aber ratsam, die häufigsten Buchstaben zu kennen und diese bei der Mitschrift an Schule oder Uni schnell schreiben zu können.
Am besten notierst Du Dir Buchstaben, wenn sie Dir das erste Mal unterkommen, in einem Notizheft oder einer Lernmappe. Schreibe Dir den Klein- und/oder Großbuchstaben auf, wie der Buchstabe heißt und wo er Dir bereits begegnet ist. Damit brauchst Du nicht alle Buchstaben auf einmal zu lernen. Was in der Geometrie mit Alpha, Beta und Gamma beginnt, nimmer später mit der Kreiszahl Pi oder der Zerfallskonstante Lambda ihre Fortsetzung. Erst wenn Du Dich für eine Karriere in Technik oder Naturwissenschaften entscheidest, kommen seltener gebräuchliche Buchstaben wie Zeta oder Xi hinzu. Für Schüler haben diese in der Regel keine Bedeutung.
Nicht alle griechischen Buchstaben sind leicht zu schreiben. Vermutlich hast Du Deine liebe Not mit Delta, Gamma oder Phi. Lass Dir diese Buchstaben von einer Lehrerin oder einem Klassenkollegen groß und langsam vormalen und gehe dann die Bewegung selber durch. Lass Dir dabei zusehen, damit Du Fehler gleich zu Beginn vermeidest. Am besten übst Du die schwierigen Buchstaben über mehrere Tage hinweg immer wieder, bis sie Dir in Fleisch und Blut übergehen. Wenn Du Dir einen Buchstaben nach dem anderen vornimmst und nicht gleich das ganze Alphabet auf einmal lernst, wird Dir das sicherlich rasch gelingen.
Schlusswort
Du siehst, obwohl wir das griechische Alphabet nicht für die Aufzeichnung von Sprache nutzen, hat es doch einen fixen Bestandteil in vielen Bereichen unseres Lebens. Diese beschränken sich nicht nur auf Mathematik, Naturwissenschaften und Technik, auch wenn die griechischen Buchstaben dort ihren häufigsten Einsatz finden. Mit ein bisschen Geduld wirst bestimmt auch Du bald die wichtigsten griechischen Buchstaben erkennen, benennen und schreiben können.